Möwengekreische

Die Idee klang originell und war der Grund für den Griff zu Sina Beerwalds neuem auf Sylt spielendem Krimi „Mordsmöwen“: ein Mensch verschwindet, doch kein schrulliger Inselkommissar macht sich auf die Suche und auch keine ambitionierte Journalistin, nein, eine Schar Möwen ermittelt. Und das auf durchaus lustige Art und Weise. Die auf Sylt lebende Autorin schafft es, viel Lokalkolorit zu verbreiten und hat das Verhalten der Möwen nicht nur intensiv beobachtet, sondern beschreibt es auch prägnant. Viele Slapstick Szenen wären durchaus tauglich für einen Animationsfilmhit. Doch leider halten Charaktere und Geschichte nicht mit der Idee mit. Die „Möwenbande“ besteht aus klischeehaften Typen: der doofe alte Boss, der nichts mehr mitkriegt, der überforderte alleinerziehende Vater mit aufsässigem Teenagersohn, der Alkoholiker, der Schöne, der natürlich eigentlich schwul ist, und der Tollpatsch, gleichzeitig der geheime Held, der am Ende natürlich die einzige Möwenfrau abkriegt, eine Tussi, die dafür ihren neureichen Möwerich-Verehrer aufgibt. Die Kriminalgeschichte ist ganz ordentlich konstruiert, doch wenn ich noch einen Krimi lesen muss, in dem der arme Mörder nur deswegen „gestört“ ist, weil er eine „böse“ Mutter hatte, mach ich es wie der Möwenheld und stürze mich vor Verzweiflung vom nächsten Leuchtturm!

PS: Weder die Möwe noch die Rezensentin kamen dabei zu Schaden.

Sina Beerwald: Mordsmöwen. Sylt Krimi. 208 Seiten, Emons, Köln 2013           EUR 10,20

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2013

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