Katariinas Vater

Katariinas Vater hat sie und ihre Mutter verlassen, als sie zwei war. Bewusste Erinnerungen an ihn hat sie keine, nur an das Telefonat, als sie zwölf war, und sie ihm mitteilte, dass sie sich „nicht mit fremden Männern trifft.“ Jetzt ist Katariina mit dem Fotografen Olli verheiratet und selber Mutter. Sie wohnt mit ihrer Familie auf Suomenlinna, einer Insel in Helsinki – zentral und dennoch abgeschieden. Der Frühling kommt langsam ins Land, als eines morgens der Alltag aus den Fugen gerät: die Polizei steht vor der Tür und teilt Katariina mit, dass ihr Vater gestorben sei. Kann es sein, dass der Tod eines Unbekannten eine so aufwühlt? Es kann. Und noch mehr die Tatsache, dass sie drei Halbgeschwister hat. Es beginnt eine unwirkliche Zeit der Trauer, die Katariina so unpassend vorkommt. Praktische Dinge müssen organisiert werden, die Geschwister kommen zu Besuch. Die Tochter distanziert sich von ihr und die Beziehung zu Olli fährt Achterbahn.

Erzählt wird aus ständig wechselnder Perspektive: alle ProtagonistInnen kommen in Ich-Form zu Wort, während Katariinas Sichtweise in der dritten Person erzählt wird – womit die Leserin ihr genauso wenig nahe kommt wie ihre Umwelt. Ein großartiges Buch mit einem Kaleidoskop unterschiedlicher Charaktere, in dem tiefe Gefühle genauso Platz haben wie humorvolle Episoden. Gleich lesen!

Katja Kallio: Zeit der Zugvögel. Roman. Übersetzt von Alexandra Stang. 347 Seiten, Krüger Verlag, Frankfurt/Main 2011       EUR 17,50

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2011

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