„Damenroman“ nannte der berühmte Literaturkritiker des Modernen Durchbruchs in Skandinavien Georg Brandes solche Büchern, wie sie zum Beispiel seine Zeitgenossin und zeitweilige Geliebte Victoria Benedictsson schrieb: Bücher von Frauen über Frauenfiguren, die versuchten eigenständige Lebenswege einzuschlagen. Victoria Benedictsson beging nicht zuletzt wegen der Missachtung ihres literarischen Werkes Selbstmord. Sigrid Combüchen gewinnt 125 Jahre später mit einem „Damenroman“ den begehrten August-Preis. Dabei ist es wohl weniger die reine Handlung von „Was übrig bleibt.“, die das Buch besonders macht, sondern der künstlerische Kniff, der diese Handlung in einen Rahmen stellt: die Autorin tritt im Roman als Ich-Erzählerin auf, die von einer Leserin einen Brief erhält. Daraus entwickelt sich eine jahrzehntelange Briefbekanntschaft, die die Autorin dazu nutzt, Inspiration für einen Roman zu gewinnen, der von den Jugendjahren ebendieser Leserin Hedda handelt. Ein Erwachsenwerden in den 1930er Jahren, zwischen Konventionen und Aufmüpfigkeit, zwischen familiären Zwängen und ersten erotischen Abenteuern. Detailreich zeichnet die Autorin das Leben von Hedda als Schülerin in Lund und später als Studentin einer „Modeakademie“ in Stockholm, das absolut authentisch wirkt. Ein sehr schöner Ferienschmöker.
Sigrid Combüchen: Was übrig bleibt. Ein Damenroman. Übersetzt von Paul Berf. 494 Seiten, Verlag Antje Kunstmann, München 2012 EUR 25,60
erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2012