Anna entschließt sich zu einem radikalen Schritt: In einer einsamen Hütte auf den norwegischen Lofoten will sie den Winter verbringen, um Ruhe und zurück zu ihrem Leben zu finden. Dass sie – selbst Psychiaterin mit Burnout-Syndrom, die sich gerade von ihrem Mann getrennt hat – fürchtet, ihre psychische Gesundheit zu verlieren, macht die Entscheidung, nördlich des Polarkreises zu überwintern nicht weniger drastisch. Auf die Lofoten zieht es Anna, weil ihr Vater, der dort im Zweiten Weltkrieg stationiert war, einige Fragen hinterlassen hat, auf die sie Antworten sucht. Nach und nach findet Anna Anschluss an Einheimische, darunter Giske, deren Lebensgeschichte als „Deutschenbalg“, als Kind eines Besatzungssoldaten, sich mit dem ersten Erzählstrang zu verweben beginnt. Die Gegenwart wird unterbrochen durch Rückblenden, teilweise in Ich-Form erzählt, teilweise in dritter Person entspinnt sich so ein kompliziertes Netz von Erzählsträngen und -ebenen. Orientierungspunkt bleiben Angaben von Ort und Datum. Neben Fragen von Identität, Sinnsuche und psychischem Erleben werden historische Begebenheiten mit dem persönlichen Umfeld verknüpft und es wird von einem lange Zeit anhaltenden großen Tabu gesprochen, dem brachialen Umgang des norwegischen Staates mit den „Deutschenkindern“.
Ein stimmungsvolles Buch, in dem in karger Landschaft Gefühle an die Oberfläche fließen wie das Nordlicht über den Himmel.
Melitta Breznik: Nordlicht. Roman. 254 Seiten, Luchterhand, München 2009 EUR 18,50
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