Blixen im Kleinformat

Als junge Frau konnte Tania (Karen) Blixen es kaum erwarten aus Dänemark wegzukommen. Sie träumte von Afrika und fand in Kenia eine Heimat, in der sie aus ökonomischen und gesundheitlichen Gründen aber nicht bleiben konnte. Die Rückkehr nach Dänemark, genauer gesagt auf das Familienanwesen Rungstedlund nördlich von Kopenhagen an der Küste des Öresunds gelegen, war eine Niederlage. Doch hier blieb Blixen und noch heute ist Rungstedlund eine Pilgerstätte für ihre Fans. In dem vorliegenden kleinen Heft haben Bernd (Text) und Angelika (Fotos) Fischer eine Zusammenschau von Blixens Biografie mit historischen wie neuen Schwarz-Weiß-Fotografien geschaffen. Für Neugierige, die bisher nur die Hollywood-Version von „Jenseits von Afrika“ kennen, ist es ein Einstieg ins Leben der Autorin. Für Blixen-Kenner*innen ist es ein Kleinod zum Schmökern, Blättern und vielleicht der Anstoß, bei einer Reise in den Norden einen Abstecher nach Rungstedlund zu machen.

Bernd und Angelika Fischer: Tania Blixen in Rungstedlund. Menschen und Orte. 32 Seiten, Edition A. B. Fischer, Berlin 2015 EUR  9,10

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Hintergedanken

jansson_ehrliche_betruegerinDunkel und kalt ist es in dem kleinen Ort an der finnischen Küste. Das Meer gefroren, der Schnee so hoch wie lange nicht. Am Dachboden über dem Kaufladen lebt Katri, eine Eigenbrötlerin, von vielen zugleich argwöhnisch beäugt wie auch geschätzt, denn Katri ist äußerst geschickt im Umgang mit Zahlen und versteht viel von Geschäftlichem. Da sie außerdem immer ehrlich ist, wird sie oft um Rat gebeten. Streitereien löst sie sachlich einwandfrei, zieht sich dabei aber meist den Unmut beider Parteien zu, da sie eben nicht parteiisch ist. Seit ihre Eltern tot sind, sieht Katri es als wichtigste Aufgabe, sich um ihren jüngeren Bruder zu kümmern. Sein größter Wunsch, ein eigenes Boot, liegt jedoch weit jenseits ihrer finanziellen Möglichkeiten. Im Dorf wohnt auch Aemelin, eine erfolgreiche Illustratorin von Kinderbüchern. Sie ist schon älter, wohlhabend, reichlich schrullig und zeichnet die ewig gleichen geblümten Kaninchen. Katri beginnt, Aemelin kleine Gefallen zu tun, mit dem Hintergedanken so nach und nach, aber „vollkommen ehrlich“ an ihr Geld zu kommen. Recht schnell wird die Verbindung enger, Katri zieht in Aemelins Villa, ordnet ihre gesamte Korrespondenz, verhilft ihr zu besseren Verträgen mit den Verlagen. Doch auch Aemelin hat ihre Hintergedanken und schon bald ist nicht mehr klar, wer hier von wem mehr profitiert. Ein ausgesprochen angenehmes Leseerlebnis in einem stimmungsvoll erdichteten Kosmos, Tove Jansson ganz anders und doch ganz sie selbst.

Tove Jansson: Die ehrliche Betrügerin. Roman. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. 173 Seiten, Urachhaus, Stuttgart 2015 EUR  19,50

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Reigen ins Ungewisse

kristin_sommerreigen„Sommerreigen“ heißt der neueste Roman der Isländerin Kristín Marja Baldursdóttir auf Deutsch. Sommer ist es auf Island in diesem Buch, ein ungewöhnlich warmer noch dazu. Und ein Reigen ist es, ein Reigen von Personen, Familienmitgliedern, Intrigen, Geheimnissen. Ein mysteriöser „Fremder“ – Franzose mit nordafrikanischen Wurzeln – taucht auf. Er ist Fotograf und gibt vor, einen Bildband über besondere isländische Persönlichkeiten zu planen, in dem Gylfi, der Hoteldirektor, abgebildet werden soll. Doch eigentlich ist er einem Geheimnis auf der Spur, das mit einer Fotografie zu tun hat, die Gylfi mit einer Frau in der Pariser Metro zeigt. Je mehr über Gylfi erzählt wird, desto mehr Brüche tun sich auf. Da wird jede Menge Spannung aufgebaut. Immer wieder geht es auch um die Thematik des Fremdseins und den Umgang mit „dem Fremden“ in der kleinen, geschlossenen Gesellschaft Islands, wo ganz viel ganz schnell „fremd“ ist. Einer der stärksten Erzählstränge – inhaltlich wie literarisch – ist dabei der über Senna, die nicht-weiße Adoptivtochter Gylfis. Und dann ist der Reigen zu Ende, aber hier schließt sich kein Kreis, sondern die Leserin fällt mit allen unaufgelösten Geheimnissen und Intrigen buchstäblich in einen eiskalten isländischen Fluss. Schluss, aus, ratlos.

Kristín Marja Baldursdóttir: Sommerreigen. Roman. Aus dem Isländischen von Tina Flecken. 285 Seiten, Fischer Krüger, Frankfurt/M. 2015  EUR  19,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Briefe von Astrid

Lindgren_BriefwechselUnzählige Briefe erhielt Astrid Lindgren im Lauf der Jahre von ihren Fans. Und alle wurden sie beantwortet. Anfangs von der Autorin selbst, später, als die Flut von Briefen unüberschaubar wurde, von einer Assistentin. Lena Törnqvist arbeitete intensiv mit den vielen im Nachlass erhaltenen Briefen und entdeckte dabei, dass es zwischen Lindgren und dem Mädchen Sara einen über Jahrzehnte dauernden Briefwechsel gab. Phasenweise in kurzen Abständen, dann wieder mit vielen Jahren dazwischen gab es einen Austausch zwischen den beiden. Als Sara zum ersten Mal schreibt, ist sie zwölf Jahre alt. Sie will – auch angeregt von den Pippi-Verfilmungen – Schauspielerin werden. Der angebeteten Autorin Lindgren schreibt sie einen großschnäuzigen Brief, in dem sie sich über die KinderdarstellerInnen der Lindgrenfilme auslässt. Lindgren antwortet sachlich, aber streng und gibt zu bedenken, ob eine solche Form der Kritik gerechtfertigt ist. Diese erste Antwort ist der einzige Brief, der nicht erhalten ist, weil Sara ihn aus Scham vernichtet hat. Doch sie schreibt wieder und findet eine Freundin und Unterstützerin in Lindgren, die ihrerseits schnell erkennt, dass Sara Probleme hat, die weit über das Maß üblicher Pubertätsschwierigkeiten hinausgehen. Sie wird eine Art heimliche Vertraute, die aus der Perspektive der um 50 Jahre Älteren versucht, manche Dinge zu relativieren, die Mut macht, die Schule weiterzumachen und die klare Worte findet, wenn Sara zum Beispiel berichtet geschlagen worden zu sein. So lernen wir Astrid Lindgren in einer ganz anderen Rolle kennen, nicht nur als Autorin, die sich in fiktiven Geschichten mit schwierigen Kindheitsthemen auseinandersetzt, sondern als eine Art Fern-Sozialarbeiterin, die einen Ton anschlägt, der auch 40 Jahre später noch nicht altbacken klingt.

Astrid Lindgren und Sara Schwardt: Deine Briefe lege ich unter die Matratze. Ein Briefwechsel 1971-2002. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. 237 Seiten, Oetinger, Hamburg 2015  EUR  20,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Lumikkis Schwester

simukka_schwarzEndlich ist er da, der dritte Band der Lumikki-Trilogie der finnischen Autorin Salla Simukka. Und es wird, wie zu erwarten war, schaurig und blutig. Lumikki hat sich gerade erst von den Erlebnissen in Prag erholt. Der Herbst war etwas ruhiger und sie ist neu verliebt, als sie in der Vorweihnachtszeit plötzlich rätselhafte Botschaften bekommt. Jemand weiß nicht nur alles über ihr derzeitiges Leben, weil er sie anscheinend beobachtet, sondern auch über die geheimnisvollen Ereignisse in ihrer Kindheit, an die sie selbst nur vage Erinnerungen hat. Hatte sie wirklich eine Schwester? Die Botschaften werden zu Drohungen und Lumikki wagt nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Dann taucht auch ihre alte Liebe Flamme wieder auf. Doch wem kann sie noch vertrauen? Das Buch ist spannend, die Auflösung des Spannungsbogens am Ende schlüssig. Leider kann der Band aber wie schon der zweite Teil der Trilogie nicht hundertprozentig an die literarische Qualität des ersten Bandes anschließen. Mit „So rot wie Blut“ wurde Simukka – völlig zu Recht – über Nacht berühmt, die Rechte für die Trilogie wurden schnell in zahlreiche Länder verkauft und damit wohl zu viel Zeitdruck erzeugt. Dennoch eine große Lese- und Geschenkempfehlung für alle, die Spannung und Nervenkitzel suchen – auch ohne Fantasy.

Salla Simukka: So schwarz wie Ebenholz. Roman. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. 197 Seiten, Arena, Würzburg 2015  EUR  14,40

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2015

Schneller lesen per App?

Mit diesem Eintrag geht eine neue Kategorie an den Start: „Lesen – Schreiben – Übersetzen“. Um Bücher geht es dabei auch, aber nicht nur. Vielmehr gibt es hier Platz für Berichte von Vorträgen, Veranstaltungen usw. zu den genannten Themenbereichen. Bin selber schon gespannt….

spritzx4Die neuen Medien verändern das Leseverhalten. Gerade wenn über Kinder und Jugendliche gesprochen wird, vermuten KulturpessimistInnen wieder einmal eine allgemeine Verdummung, wie schon bei Erfindung von Kino oder Fernsehen. Wobei man dabei auch nicht vergessen darf, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass auch zu viel lesen unerwünscht war. Gerade was die Quantität anbelangt zeigen aktuelle Untersuchungen, dass wir so viel lesen wie nie zuvor. Auch jugendliche Leserinnen und Leser. Den Unterschied macht allerdings aus, was wir lesen, denn darunter sind sehr viele kurze Texte wie SMS, E-Mails oder Posts in Onlineforen.

Interessante Denkimpulse zum Thema präsentierte am 3. November 2015 Alexandra Borg von der Universität Uppsala in einem Vortrag mit dem Titel „Quantifizierung der Literatur. Über Zeitdruck und digitales Lesen: das Beispiel Spritz“ an der Universität Wien. Borg ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und arbeitet zur Zeit im Rahmen des Pilotprojektes „Flexit“ des Jubiläumsfonds der Schwedischen Nationalbank an Fragen rund um das Lesen der Zukunft, oder „Lesen 2.0“. „Flexit“ richtet sich an ForscherInnen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, die an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft arbeiten wollen. Dabei werden einerseits Karrierewege abseits der Universitäten geöffnet, anderseits die Kompetenzen von WissenschaftlerInnen für Unternehmen sicht- und nutzbar.

Im Fall von Alexandra Borg heißt das, dass sie in, mit und für den Verlag Bonnier an Fragen zur Herstellung digitaler Texte arbeitet und sich dabei auch den ganz konkreten Prozessen („Wie entsteht ein E-Book?“) widmet. Darüber hinaus geht es in ihrer Arbeit um den Konsum von Texten. Auch hier wird in Alltagsdiskursen oft zwischen „gutem“ (=genau, langsam) und „schlechtem“ (=schlampig, schnell) Lesen unterschieden. Borg sieht Lesen als eine Praxis, die eben auch Veränderungen unterworfen ist. Diese unterschiedlichen Buchrad-von-Ramelli-1588Ausprägungen, gerade auch in Verbindung mit technischen Hilfsmitteln, werden sehr anschaulich, wenn man etwa ein „Buchrad“ aus dem 16. Jahrhundert betrachtet. Das war ein großes Holzrad, ähnlich einem wasserbetriebenen Mühlrad. In jedes Fach konnte ein aufgeschlagenes Buch gelegt werden. Saß man davor, konnte man während der Lektüre zu einem anderen Buch weiterdrehen. Man hatte also – ähnlich wie wir das von mehreren Fenstern am Computer kennen – mehrere Texte gleichzeitig lesebereit. Moderne E-Reader bieten ganz ähnliche Lesemöglichkeiten.

Neue technische Hilfsmittel versprechen ein neues „Leseerlebnis“ und im Fall der von Borg analysierten App „Spritz“ auch eine höhere „Lesegeschwindigkeit“. Das funktioniert so: auf einem digitalen Device (Mobiltelefon, Tablet oder PC) wird ein elektronischer Text geladen. In einem schmalen Lesefeld werden entsprechend einer vorher gewählten Geschwindigkeit die Wörter nun einzeln nacheinander angezeigt. Ein Buchstabe ist jeweils rot markiert und wird vom Auge fixiert. Durch den Wegfall der Augenbewegungen erhöht sich die Anzahl der Wörter, die in einem bestimmten Zeitraum gelesen werden können. Laut Spritzinc des 2014 gelaunchten Startups mit Sitz in Boston und München richtet sich „Spritz“ an alle, die lesen können, auch an Kinder. Für Alexandra Borg bietet die App jedenfalls ein neues, anderes Leseerlebnis und damit eine Wahl mehr, die Leserinnen und Lesern heute und in Zukunft zur Verfügung steht.

Foto: Buchrad von Ramelli 1588 (Foto aus der Habilitationsschrift G. Keil), siehe www.austria-forum.org

Sex, nerds and archeology

Quasi als Nachtrag zur großen Menge an finnischen Neuerscheinungen supinen_dreianlässlich der vorjährigen Frankfurter Buchmesse erreichte mich auch noch Miina Supinens Roman „Drei ist keiner zu viel“. Zwei Erzählperspektiven wechseln einander darin ab: die in der dritten Person gehaltene Perspektive, in der wir die Archeologiestudentin Stella und ihre Sandkastenliebe und nerdigen Freund Antti begleiten und die Perspektive des älteren, wenig erfolgreichen, dafür umso lauter Sprüche klopfenden Archäeologen Victor, deren Originalität darin besteht, dass der Ich-Erzähler Victor bereits tot ist. Gewaltsam zu Tode gekommen, im Verlauf eines verrückten Sommers. Und wahrscheinlich ist das Wissen, dass Victor sterben wird, auch der Grund, warum eine es überhaupt aushält sein sexistisches, b’soffenes Junggesesellengeschwätz zu lesen. Doch Stella, die ihn als Studentin bei einer Ausgrabung in Griechenland kennenlernt, findet ihn sexuell anziehend und gönnt sich ihr Vergnügen. Ein Jahr später treffen die beiden einander in Finnland wieder. Stella lebt ungezwungen in diesem Dreiecksverhältnis, während Victor nicht ganz weiß, wie ihm geschieht und ob er nun eifersüchtig sein soll oder nicht. Aber dann kommt ihm ohnehin der Tod dazwischen und die Umstände, die dazu führen, sorgen immerhin auch für etwas Spannung. Unkonventionell.

Miina Supinen: Drei ist keiner zu viel. Roman. Aus dem Finnischen von Anke Michler-Janhunen. 299 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2014   EUR 15,50

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015

Die Welt der Selma Lagerlöf

lagerloef_bioIm deutschsprachigen Raum ist Selma Lagerlöf (1858-1940) vor allem als Autorin des „Nils Holgersson“ bekannt, wobei viele, die mit der Trickfilmserie groß geworden sind, wahrscheinlich nie das Buch zu Gesicht bekamen. Jedenfalls sieht man sie am ehesten als Kinderbuchautorin. Literaturgeschichtlich Interessierte kennen sie als erste Frau, die für ihr umfangreiches literarisches Werk 1909 den Nobelpreis erhielt und als erste Frau, die in die Schwedische Akademie gewählt wurde. Was umso bemerkenswerter ist, als bis heute nur neun von bisher insgesamt 190 Mitgliedern Frauen waren. Darüber hinaus bietet Lagerlöfs Lebensgeschichte aber viele weitere interessante Aspekte, die anlässlich ihres 75. Todestages nun auch in der neuen deutschsprachigen Biografie „Selma Lagerlöf. Värmland und die Welt“ nachzulesen sind. Wie der Untertitel schon verrät, wird ausführlich auf ihre zeitlebens wichtige Verbundenheit zu ihrer Herkunftsregion Värmland, v.a. das Gut Mårbacka eingegangen, das der Vater einst verloren hatte und das Lagerlöf dank ihres auch ökonomischen Erfolges später zurückkaufen konnte. Bemerkenswert sind Lagerlöfs ausgedehnte Reisen nach Italien, aber auch Ägypten, Palästina und Konstantinopel, die entsprechend Niederschlag in ihren Romanen fanden. Auch Lagerlöfs Wirken in der Frauenstimmrechtsbewegung und ihrem sozialen Engagement wird in der Biografie Rechnung getragen.

Neue Facetten der Autorin wurden bekannt, als 50 Jahre nach ihrem Tod, tausende Briefe zugänglich wurden, die ihr Privatleben in einem neuen Licht zeigen. Die bis dahin oft als eine Art „alte Jungfer“, die mangels Ehemann erst Lehrerin wurde und dann als „einsame“ Schriftstellerin lebte, dargestellt wurde, hatte zu ihrer Schriftstellerkollegin und Reisegefährtin Sophie Elkan sowie zu ihrer Freundin Valborg Olander auch Liebesbeziehungen, deren Höhen und Tiefen in eben jenen Briefen nachvollziehbar werden.

lagerloef_loewenskoeldNeben der Biografie würdigt der Verlag Urachhaus Lagerlöf auch durch eine Neuauflage der sogenannten Löwensköld-Trilogie, dem Spätwerk der Autorin zuzurechnen und insofern unvollständig, als das offene Ende des dritten Bandes auf einen geplanten vierten Band zurückzuführen ist. Mit vielen Referenzen auf ihr Gesamtwerk, mit einer Mischung aus an Märchen und Sagen erinnernden Zügen, der Darstellung der värmländischen Lebensbedingungen und der Beschäftigung mit religiösen Fragen schließt sich mit der Trilogie gleichsam Lagerlöfs literarischer Schaffenskreis.

Holger Wolandt: Selma Lagerlöf. Värmland und die Welt. Eine Biografie. 320 Seiten, Urachhaus, Stuttgart 2015  EUR 23,60

Selma Lagerlöf: Die Löwenskölds. Drei Romane. Aus dem Schwedischen von Marie Franzos und Pauline Klaiber-Gottschau. 720 Seiten, Urachhaus, Stuttgart 2015 EUR 25,60

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015

Eine Finnin in Prag

simukka_weissWiedersehen mit Lumikki aus „Rot wie Blut“ von Salla Simukka. Lumikki erholt sich von ihren kriminalistischen Abenteuern auf einer Reise ins sommerlich heiße Prag. Sie lässt ihre Gedanken ziehen und erinnert sich immer wieder an den letzten Sommer mit ihrer ersten großen Liebe Flamme, die nicht halten konnte, weil Flamme vom Umgang mit der eigenen Transsexualität so in Anspruch genommen war, dass für eine Beziehung kein Raum blieb.

Doch Lumikki wird aus ihren Gedanken gerissen, als sie eines Tages von einem Mädchen angesprochen wird, das behauptet, ihre Schwester zu sein. Diese Begegnung wirft sie einerseits aus der Bahn, weil immer wieder Erinnerungen an ihre frühe Kindheit auftauchen, in denen noch ein zweites Mädchen vorkommt, andererseits wird sie in dramatische Geschehnisse rund um eine ominöse Sekte hineingezogen, der die vermeintliche Schwester angehört. Recht schnell wird die Situation mehr als bedrohlich und Lumikki gerät erneut in Lebensgefahr.

Ganz reicht der Band nicht an den ersten Band heran, aber das ist auch ein typisches Phänomen beim Mittelband einer Trilogie, es werden immer noch neue Geheimnisse angedeutet, ohne die ersehnte Auflösung – es gilt also auf den abschließenden Band zu warten!

Salla Simukka: So weiß wie Schnee. Roman. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. 250 Seiten, Arena Verlag, Würzburg 2015     EUR 15,30

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015

Pia Korittki in Serie

Bis zum zehnten Band hat es gedauert, bis es Eva Almstädt mit ihrer almstaedt_ostseefeuer Kommissarin Pia Korittki in den WeiberDiwan geschafft hat. Eine gute Nachricht also für alle Krimi-Serien-Liebhaberinnen – hier gibt es reichlich Lesefutter für die nächsten Wochenenden! Der Bogen spannt sich dabei vom ersten Fall, in dem Korittki neu ins Lübecker Kommissariat kommt und mit allerhand sexistischen Kollegen zu kämpfen hat, die nicht gerne Frauen in ihren Reihen sehen, bis zum aktuellen Band, in dem neben der Mörderjagd der Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex vor Gericht endet.

Ermordet wurde der Pastor eines kleinen Dorfes an der Ostsee. Motiv und mögliche Feindschaften sind diffus. Die befragten Personen sind in ihrer Auskunftsfreudigkeit eher zurückhaltend, manche verweigern sich ganz. Bis eine dem Pastor nahestehende Person schwer verletzt gefunden wird – war es ein Anschlag, ein Unfall, ein Selbstmordversuch? Es bleibt spannend bis zum Schluss.

Eva Almstädt ist es nicht nur gelungen, eine sympathische und glaubwürdige Hauptfigur zu erschaffen, sondern auch gute, spannende Krimis zu schreiben. Der Lokalkolorit Lübecks und der umliegenden Küsten ist ein Plus für alle, die die Region mögen, aber nicht Mittel zum Zweck wie in vielen „Regionalkrimis“. Die Geschichten würden in ihrer Gesellschaftskritik auch anderswo funktionieren und sind bemüht, Klischees zu vermeiden. Weiter so!

Eva Almstädt: Ostseefeuer. Pia Korittkis zehnter Fall. 380 Seiten, Bastei Lübbe, Köln 2015          EUR 10,30

erstmals erschienen in WeiberDiwan 01/2015