Mord an der Ostsee

Flora stammt aus einem kleinen Dorf an der Küste, wo vor vielen Jahren, als sie noch ein Kind war, einer ihrer Freunde beim Spielen getötet wurde. Aufgrund von Aussagen der ZeugInnen und Indizien gab man damals Flora die Schuld. Sie selbst konnte sich an das Geschehene nicht erinnern und kam nach einem Zusammenbruch in die Jugendpsychiatrie. Ihr Vater brachte sich um, die Mutter wollte sie nicht mehr bei sich haben. Nun kehrt Flora zurück ins Dorf und als wäre das allgemeine Misstrauen nicht schon genug, stirbt auch noch Floras Nachbarin. Sie wurde vergiftet. Schnell ist im Dorf jede und jeder irgendwie verdächtig, Intrigen werden geschmiedet, Geheimnisse mit immer neuen Geheimnissen vertuscht. Bald scheint auch Flora in Gefahr. Kommissarin Korittki kennt solche Milieus und lässt auch nicht locker. Vor traumhafter Ostseekulisse wie immer lässt Eva Almstädt die uns vertraut gewordenen Kommissarin ermitteln. Von Erholung und Urlaub keine Spur. Spannend bis zum Ende und durch die Verknüpfung mit dem früheren Kriminalfall vielschichtiger als zuletzt. Was nach meinem Geschmack etwas zu viel war, war der Schicksalsschlag, der Korittki dann auch noch trifft – da rutscht die sonst solide Krimiserie ein bisschen Richtung Seifenoper.

Eva Almstädt: Ostseerache. Pia Korittkis dreizehnter Fall. 414 Seiten, Bastei Lübbe, Köln 2018 EUR 10,30

Sommer an der See

dohm_sommerlieben Hedwig Dohm, Grande Dame der Ersten (bürgerlichen) Frauenbewegung inDeutschland, schrieb 1909 als beinahe 80-Jährige ihren letzten Prosaband „Sommerlieben“, der nun zum wiederholten Mal in gut 100 Jahren neu aufgelegt wurde. Es handelt sich dabei um eine luftig leichte „Freiluftnovelle“ in Briefform, die viele Phänomene ihrer Zeit haarscharf unter die Lupe nimmt. Die Handlung spielt in einem der zur Jahrhundertwende sehr beliebten Seebäder an der Ostsee. Marie Luise – ja die Namen jener Zeit hört man heute wieder auf vielen Spielplätzen – schreibt an ihren Schwager, der von seiner Frau, ihrer Schwester, verlassen wurde und um deren gemeinsame Kinder Marie sich während der Sommerferien kümmert. So berichtet sie gleich am ersten Tag verzückt, dass man sie im Kurkalender irrtümlicherweise als „jüngere Witwe“ führt und somit ihre Stellung unter den Kurgästen eine viel bessere ist als als ledige Frau Mitte 30. Humorvoll beschreibt sie den Standesdünkel der Leute, die Launen und Streiche der Kinder und die unverschämten, aber einfallsreichen Versuche der KüstenbewohnerInnen die TouristInnen abzuzocken. Besonders amüsant auch die Episoden mit den herumscharwenzelnden Verehrern. Die Antworten des Schwagers fehlen, aber er wird wohl eifersüchtig gewesen sein.

Ein schmaler Band, den man in wenigen freien Stunden verschlingt, bevorzugt im Strandkorb, aber bei Schietwetter am Sofa passt er auch.

Hedwig Dohm: Sommerlieben. Freiluftnovelle. 120 Seiten, edition ebersbach, Berlin 2013          EUR 16,30

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2013

Der nächste Sommer kommt bestimmt

vonsoden_strandgutManche fliegen zu Weihnachten ans Meer, viele sehnen sich einstweilen noch danach. Das Lesebuch „Strandgut“ kann diese Sehnsucht für ein paar kuschelige Stunden überwinden helfen – oder verstärken, vor allem dann, wenn es nicht unbedingt ein Meer mit Palmenstrand sein muss. Die Autorin Kristine von Soden, die von Kindheit an ihre Ferien am liebsten an Nord- oder Ostsee verbrachte, entführt in kurzen Kapiteln, die eine Mischung aus Stimmungsbildern, naturkundlichen oder geschichtlichen Informationshappen, anekdotenhaften Beobachtungen und literarischen Schnippseln sind, zu Themen wie: Möwen, Bademode, Dünen, Strandkorb, Wolken und FKK. Und Wind: „Küstensüchtige … können gar nicht genug von seinen Böen bekommen, die die Haare durcheinander wirbeln, Sorgen und Nöte wegpusten, die Haut streicheln oder frottieren.“ Glücklich, welche nicht bis zum nächsten Sommer warten muss!

Kristine von Soden: Strandgut. Warum das Meer blau ist, der Bikini nie baden ging und alle Möwen Emma heißen. 119 Seiten, edition ebersbach, Berlin 2012

erstmals erschienen in WeiberDiwan 02/2012